Ernährung in der Schwangerschaft
Schwangere sollten gut und nach Appetit essen und keinesfalls Diät halten. Die uneingeschränkt gute Nachricht! Dass sich die Ernährung in der Schwangerschaft an dem orientieren sollte, was man landläufig unter „gesunde Ernährung“ versteht, ist ja auch einigermaßen klar. Frauen – das haben wir wohl irgendwann mal so gelernt - haben bei „gesunder Ernährung“ in erster Linie „Salat“ im Kopf, was natürlich Quatsch ist – er ist nicht gesünder als eine Gemüsesuppe. Eine gute und leckere Idee ist zum Beispiel ein täglicher bunter Obst-/Gemüseteller, mit allem, was die Saison hergibt, der am Schreibtisch steht, so dass Du Dich immer nebenbei bedienen kannst. Ansonsten kannst du Dich gerne von Deinem Appetit und von dem, was Dir schmeckt und was Dir bekommt, leiten lassen – solange es nicht ausschlich Pommes und zum Nachtisch eine Tafel Schokolade sind.
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Ob Du dazu neigst, eher acht oder 30 (richtig gelesen!) Kilo in der Schwangerschaft zuzunehmen, ist meist eher eine Frage der Konstitution als der Disziplin. Wenn Du das Gefühl hast, Du solltest da lieber „aufpassen“ (Deine Mutter ist sehr dick geworden in der Schwangerschaft und danach nie wieder schlank, es gibt häufiger Diabetes in der Familie, Du bist sowieso übergewichtig oder neigst zu starken Gewichtsschwankungen), ist es aber durchaus sinnvoll, auf die Ernährung zu achten.
Das heißt zum Beispiel, und das ist mittlerweile die fast durchgängige Empfehlung der neueren Literatur, eher weniger Kohlenhydrate zu essen, vor allem die kurzkettigen, das sind die mit einem so genannten hohen glykämischen Index. Schlicht formuliert ist das Zucker und Weißmehl. Also Pasta, Croissants, Kuchen, Brötchen. Eine Reduktion der Kohlenhydrate senkt unter anderem signifikant das Risiko, an Schwangerschaftsdiabetes zu erkranken, immerhin 10% aller Schwangeren sind mittlerweile davon betroffen, Tendenz: steigend. Man vermutet übrigens auch einen Zusammenhang zwischen kohlenhydratreicher Ernährung in der letzten Phase der Schwangerschaft und Terminüberschreitungen.
Die Süßmäulchen unter euch können aber aufatmen: Natürlich darfst Du auch Süßigkeiten essen! Hier gibt es Süßigkeiten, die „gesünder“ sind als andere, abhängig von der Insulinstimulation, wie schnell oder langsam also der Zucker ins Blut geht. Eis und (dunkle) Schokolade funktionieren z.B. verhältnismäßig gut, Sahnetorte (wer hätte das gedacht) auch. Reduzieren solltest Du eher Gummibärchen, Kekse, Kuchen, sowie alles aus Weißmehl (Brötchen!), weiche Pasta (Vollkornpasta al dente ist messbar viel besser!) und süße Obstsorten, wie z. B. Weintrauben und Wassermelone.
Nahrungsergänzungsmittel, also Vitaminpräparate, werden hier und da immer noch für überflüssig erachtet, Tatsache ist aber, dass bestimmte Nährstoffe nicht ausreichend in der Nahrung vorkommen. Solltest Du also nicht dreimal pro Woche – und zwar jede Woche – Hering essen (gibt es außerhalb Skandinaviens irgendjemanden, der das tut?), ist eine Ergänzung mit Jod und Omega3-Fettsäuren sinnvoll. Spezielle Schwangeren-Vitaminpräparate enthalten meist alle sinnvollen Dinge – aber meistens in lächerlich geringer Dosierung zu einem absurden Preis. Achte vor allem auf die B-Vitamine, Zink, Selen, Omega3 und ggf. Jodid.
Eisen und Magnesium solltest Du bei den typischen Beschwerden ergänzen. Der Eisenwert wird regelmäßig in den Vorsorgen bestimmt, ein Magnesiummangel macht sich meist durch eine vermehrte Neigung zu Krämpfen in den Füßen und Beinen bemerkbar. Wenn Du Magnesium ergänzt, achte darauf, dass es sich um Magnesiumcitrat handelt. Dieses wird vom Köper viel besser aufgenommen als das viel billigere (und typischerweise in den üblichen Drogeriepräparaten vorkommende) Magnesiumoxid. Und solltest Du beides, Eisen und Magnesium brauchen, ist auch eine zeitversetzte Einnahme wichtig, da die beiden Spurenelemente sich gegenseitig in der Aufnahme stören.
Folsäure ist vor allem in den Wochen vor (!) und in den ersten zehn Wochen der Schwangerschaft wichtig. Die dürften bei den meisten von Euch schon vorbei sein.
Vorsicht Schwangerschaft – hier solltest Du aufpassen
Listeriose
Listerien sind Bakterien, die prinzipiell überall vorkommen können. Vor allem rohes Fleisch, Rohmilch (nicht pasteurisierte Milch) und verarbeitete Lebensmittel (Sushi und Fleischsalatbrötchen aus der Vitrine) sowie überlagerte Nahrungsmittel im hauseigenen Kühlschrank können eine Ansteckung ermöglichen. Wichtig: Es geht um die sekundäre Keimbesiedelung. Deshalb ist es auch egal, ob Du Dein Sushi mit rohem Fisch oder total vegan mit Avocado und Gurke bestellst: Beides wird auf den gleichen Brettchen mit den gleichen Messern geschnitten und ist beides ist gleichermaßen kritisch. In Rohmilch und auf rohem Fleisch, aber auch auf kaltgeräucherten Lebensmitteln wie etwa Räucherlachs, können Listerien sich besonders gut vermehren. All das solltest Du in der Schwangerschaft also am besten nicht essen, um sicher zu gehen, dass Du eine Ansteckung so weit wie möglich ausschließt. Ohne hysterisch zu werden – natürlich wirst Du dich nicht ausgerechnet am Kantinensalatblatt vorgestern angesteckt haben. Listeriose ist wirklich sehr selten! In den vergangenen Jahren gab es zwei größere Erkrankungswellen durch eine Verbreitung über kontaminierten Blauschimmel- und Harzer Käse, beide übrigens aus pasteurisierter (!) Milch …
Ca. 200 Neugeborene sind pro Jahr von einer Listerieninfektion betroffen – und das endet tragischerweise oft fatal: 50% (eher mehr) aller infizierten Babys sterben noch im Bauch oder kurz nach der Geburt daran.
Eine Behandlung von Listeriose ist wegen der sehr unspezifischen Symptome (die auch völlig fehlen können) recht schwierig: Es wird schlicht die Diagnose gar nicht oder erst spät gestellt. Im Falle einer erkannten Listeriose-Infektion würde man diese mit einem Antibiotikum behandeln. Für das Baby ist aber nur eine sehr frühe Behandlung hilfreich. Also: Am besten wirklich aufpassen.
Toxoplasmose
Toxoplasmose ist hingegen eine Erkrankung, die direkt über die Tiere selbst übertragen wird. Entweder durch Essen von rohem Fleisch (vor allem Rind und Schaf – ich würde aber auch nicht unbedingt Mettbrötchen (Schwein) empfehlen, auch wegen der Listeriose-Gefahr) oder durch den Kontakt mit infizierten Hauskatzen (Katzen aus dem Tierheim oder solche mit Naturzugang sind gefährdeter als reine Stubentiger). Anders als bei der Listeriose ist bei der Toxoplasmose nur die Erstinfektion gefährlich. So kann man beispielsweise zu Beginn der Schwangerschaft den Infektionsstatus im Blut bestimmen und eine frühere Infektion nachweisen. Dann könnte man sich netterweise in Bezug auf die Toxoplasmose ein bisschen entspannen.
Kaffee
Hier ist sich die aktuelle Studienlage nicht ganz einig. Es gibt Hinweise auf eine erhöhte Fehlgeburtenrate und auch auf ein etwas niedrigeres Geburtsgewicht bei Kindern von Frauen, die viel Kaffee trinken. Was „viel“ ist, darüber besteht ebenfalls Uneinigkeit in der Definition. Tendenziell sollten ein bis zwei Kaffees pro Tag nichts ausmachen. Viele Frauen entwickeln in der Schwangerschaft interessanterweise eine Abneigung gegen Kaffee. Möglicherweise sind ja auch koffeinfreie Varianten eine Idee – geschmacklich gibt’s da ja mittlerweile kaum noch einen Unterschied …
Alkohol
Da gibt es eine ganz klare Aussage: Nullempfehlung! Früher wurde den Frauen gerne noch „hin und wieder mal ein kleines Gläschen“ zugestanden, führende Neurologen empfehlen dringend komplette Abstinenz. Alkohol ist ein Zell- und Nervengift. Auch wenn es nicht gleich das Vollbild eines „Fetalen Alkoholsyndroms“ mit fatalen Auswirkungen auf die körperliche und geistige Entwicklung sein muss: Das tritt natürlich nur bei alkoholkranken Frauen auf. Allerdings rechnet man bei milderen Formen der Alkoholschädigung mit einer Dunkelziffer von etwa 11.000 bis 16.000 Babys pro Jahr – das wären immerhin 5% aller Babys und natürlich eine dramatische Zahl. Aber, wichtig für alle die von Euch, die an die wilde Party denken, zu der Zeit, in der Du noch nicht WUSSTEST, schwanger zu sein: Da hatte Dein Baby noch gar kein Gehirn, was störbar gewesen wäre. Es hat also alles gut verkraftet, sonst wäre es nicht bei Dir geblieben!