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Wie viel oder wenig Sonne braucht ein Baby? Sonnenschutz und Vitamin D.

Kaum wagen sich die ersten Sonnenstrahlen im Frühling zaghaft auf die Erde, erwacht nicht nur die Natur aus ihrem Winterschlaf, auch wir Menschen genießen nun wieder die längeren Tage, die laue Luft und das Licht. Und mit Kindern ist für uns Eltern endlich die lange Zeit vorbei, in der wir auf Sandkästenrändern saßen, mit klammen Fingern, und uns fragten, ob man das wirklich toll finden muss, Förmchenbacken bei 2 Grad und Nieselregen. Wobei es immer zu meinen pädagogischen Grundregeln gehörte, wahrhaftige Begeisterung gegenübern den Kindern zu demonstrieren, weil es gibt ja kein schlechtes Wetter, nur ungeeignete Klamotten, frische Luft, und so weiter, stimmt ja auch alles. Ich großstadtverzärtelte Mutter. Es sah aber tatsächlich auch immer so aus, als käme diese Botschaft bei meinen Mädels an. Fröhliche rotwangige Gesichter in Wolle-Seide, Wollwalk und Buddelhosen. Und ich entdeckte Thermoskannen wieder ganz neu und Gummistiefel.

VON Kareen Dannhauer

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Kaum, dass aber der Mai die ersten wirklich warmen Tage beschert, wird ein ganz anderes Thema wichtig: Sonnenschutz. Baby´s Haut ist ja so empfindlich. Und so fallen Babys und Kleinkinder dann bald schon von weithin sichtbar auf: Unter Sonnenmützen mit Nackenspoilern leuchten kleine weiße Gespenstergesichter hervor. Alle anderen Hautpartien sind von langärmliger UV-Schutzkleidung verdeckt. Ist das sinnvolle Vorsicht angesichts der gefährlichen UV-Strahlen? Oder übertrieben? Oder gar kontraproduktiv?

Um es vorwegzunehmen: Ein wichtiger Knackpunkt an dieser Stelle heißt:Vitamin-D-Synthese.

Kaum, dass aber der Mai die ersten wirklich warmen Tage beschert, wird ein ganz anderes Thema wichtig: Sonnenschutz. Baby´s Haut ist ja so empfindlich. Und so fallen Babys und Kleinkinder dann bald schon von weithin sichtbar auf: Unter Sonnenmützen mit Nackenspoilern leuchten kleine weiße Gespenstergesichter hervor. Alle anderen Hautpartien sind von langärmliger UV-Schutzkleidung verdeckt. Ist das sinnvolle Vorsicht angesichts der gefährlichen UV-Strahlen? Oder übertrieben? Oder gar kontraproduktiv?

Ab einem Sonnenschutzfaktor 15 findet die nämlich gänzlich nicht mehr statt. Kein einziges Nanogramm Vitamin D kann in der Haut gebildet werden, wenn Kinder eine adäuquaten Sonnenschutzcreme tragen, egal wie prall die Sonne dann ist.

Für die Praxis heißt das folgendes:

  • Kinder brauchen Licht und Sonne. Nicht nur das Vitamin D ist von Bedeutung, sondern auch die Botenstoffproduktion im Gehirn. Die wird von der Sonne getriggert, wie wir alle wissen: Wie wohltuend ist das Frühlingslicht nach dem langen, dunklen Winter, auch mit bisweilen dunkleren Stimmungstönen! Darüber hinaus ist die Sonne Sinnbild für Wärme, Lebensfreude, das Leben selbst. Kinder und Erwachsene brauchen Licht, Luft, Liebe – und Sonne.
  • Gleichzeitig braucht die Haut Schutz vor einem Zuviel. Ein Zuviel bedeutet: Rötung und später (also zu spät: Sonnebrand). Jeder Sonnebrand im Kindesalter sollte wirklich vermieden werden, das senkt das Hautkrebsrisko in späteren Lebensjahrzehnten deutlich.
  • Es sollte also heißen: „Sonnenbrandschutz“ und nicht „Schutz vor Sonne“. Je nach Lebensalter der Kinder bedeutet das Unterschiedliches.
  • Babys im ersten Lebensjahr sollten keine Sonnencreme auf die Haut geschmiert bekommen. Der Grund dafür ist die zarte, dünne Haut und die damit noch nicht ausgebildete Hautbarriere. Sonnenschutz in Kosmetika (sowohl mineralische, also physikalisch wirksame als auch chemische Uv-Filter) sind sehr komplex.
  • Deshalb ist es im ersten Lebensjahr besonders wichtig: Der Sonnenschutz besteht aus langer, luftiger Kleidung und einem Schattenplatz. Dabei den Kinderwagen nicht komplett zuhängen, vor allem Modelle in schickem schwarz – Achtung Wärmestau! Die pralle Mittagssonne meiden und zur Siesta nach drinnen gehen, vor allem in südlichen Ländern, am Meer und im Hochgebirge.

Between eleven and three – stay under a tree.

  • Besonders empfindlich ist das Köpfchen: Schütze es immer, immer mit einem breitkrempigen Hut, der auch den Nacken beschattet. Auch später können größere Kinder sonst durchaus auch mal einen Sonnenstich bekommen (gerade auch am Meer, wenn durch die leichte Brise und nasse Haare die Hitze der Sonne gar nicht so heiß erscheint). Für einen Sonnenstich, der sich mit Kopfweh, leichtem Fieber, manchmal auch mit Erbrechen äußert, sind die langwelligen Infrarotstrahlen der Sonne, also die Wärmestrahlung verantwortlich.
  • Ein sehr wirksamer Sonnenschutz jenseits des ersten Baby-Sommers ist: sanfte Sonnengewöhnung. An „normalen“ deutschen Sommertagen, die Dein Kind auch immer mal wieder in festen Etappen drinnen verbringt (wie etwa im Kindergarten) brauchen nur die sehr empfindlichen Hauttypen Sonnencreme. Meiner Erfahrung nach achten die ErzieherInnen wirklich höchst akribisch auf Sonnenschutz in allen Formen, suchen den Schatten und achten auf Käppis.
  • Vitamin-D-Bildung in der Haut benötigt verschiedene physikalische Bedingungen. Die Sonne muss ausreichend hoch am Himmel stehen, das bedeutet für Deutschland: Jenseits der Monate April bis September reicht der Einstrahlwinkel nicht für eine ausreichende Bildung aus, egal, wie viel wir draußen unterwegs sind. Und vor 11 und nach 16 Uhr reduziert sich die Syntheserate ebenfalls gen null ab. Es braucht also tatsächlich pralle Sonne mit ausreichend belichteter Hautfläche (also mehr als Unterarme und Gesicht). Weil das für Babys eben nicht empfehlenswert ist, gibt es folgerichtig für alle Babys über zwei Winter hinweg die offizielle Substitutionsempfehlung mit 500 IE Vitamin D am Tag.
  • Größere Kinder und Erwachsene laden – zumindest theoretisch – ihre Vitamin D-Reserven über den Sommer so weit auf, dass sie damit  immerhin über den Herbst bis Frühwinter kommen und ausreichend versorgt sind. Dafür ist aber auch regelmäßiges Sonnenbaden mit möglichst viel nackter Haut notwendig, und zwar ohne UV-Filter. Wer vor dem Verlassen der Wohnung Sonnencreme aufträgt, synthetisiert auch kein Vitamin D. Nichts. Nada. Zero. Für eine ausreichende Bildung wird ungeschützte Sonnenexposition empfohlen, und zwar die Hälfte der Eigenschutzzeit (also die Hälfte der Zeit, die es ungeschützt bräuchte, um einen Sonnenbrand zu bekommen). Mit einem halbstündigen Ganzkörper-Sonnenbad kann der Körper eines Erwachsenen (in Abhängigkeit verschiedener Faktoren) etwa 10.000 IE Vitamin D bilden.

Wie ich das selbst handhabe? Meine Kinder sind zuhause in der Stadt tatsächlich so gut wie nie eingecremt, und zwar von kleinauf an, und möglichst viel draußen. Im Kindergarten musste ich das Nicht-Cremen den ErzieherInnen gegenüber tatsächlich ziemlich offensiv verteidigen. Wenn wir an den See fahren oder auch an sehr sommerlichen Tagen einen Komplett-Tag im Park verbringen, werden sie eingecremt, am Meer und im Urlaub in südlichen Gefilden natürlich auch. Sie hatten noch nie in ihrem Leben einen Sonnenbrand. Über den Winter bekommen sie sporadisch höhere Dosen Vitamin D.


Welche Sonnencreme ist empfehlenswert?

Die für Kinder geeignete Sonnencremes benutzen physikalische Filter. Das sind winzig kleine Partikel (aber bestenfalls groß genug, um eben keine problematischen Nano-Partikel zu sein, einige Kindersonnencremes enthalten diese!) von Zink- oder Titandioxid, die das Sonnenlicht reflektieren. Deshalb erscheinen sie nach dem Auftragen mehr oder weniger weiß auf der Haut. In der Naturkosmetikszene sind diese unterschiedlichen Filtermöglichkeiten wiederum sehr unterschiedlich bewertet, speziell Korund wird immer wieder diskutiert, da es im Rahmen der “Aluminium-Diskussion” immer wieder erwähnt wird. Eco-Cosmetic, ein Hersteller von sehr guter Kindersonnencreme (persönliche Meinung, keine Kooperation, keine beauftragte oder bezahlte Werbung) schreibt dies hier dazu. Chemische Filter sollten für Kinder möglichst gar nicht verwendet werden. Einige von ihnen (etwa Octocrylen oder Ethylhexylmethoxycinnamat)  stehen im Verdacht, hormonähnlich und allergieauslösend zu wirken, die Ergebnisse dazu  der ETH Zürich gibt es hier.

Da ich diesen Blog-Artikel nicht fortlaufend mit neuen Testergebnissen und Neuerscheinungen ergänzen kann, ist es sicher von Sommer zu Sommer noch mal eine kurze Recherche wert, wenn Dir diese Aspekte wichtig sind.

Einen aktuellen Artikel aus dem März 2018, in dem auch konkrete Produktnamen genannt werden, findest Du hier.

Eine gute und verständliche Zusammenstellung der Wirkung von Sonne und Vitamin D findet sich hier

Eines meiner Lieblingsblogs, wie schon verschiedentlich erwähnt, ist Kinder verstehen  von Herbert Renz-Polster. Der Sonne-Artikel ist ebenfalls ganz wunderbar.

Und auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung schreibt etwas zum Sonnenschutz für Kinder.

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Tierkekse für Kinder?

In Bezug auf das Thema „Kinderessen“ sind sich die meisten Mütter in meinem Umfeld bei den typischen Basics eigentlich einig: Gesund soll es sein. Bio womöglich. Viel Gemüse und so. Und, bevor ich hier demnächst sicher auch nochmal einen ausführlicheren Artikel zum Thema Baby-Beikost reinstelle, sind ein paar ganz grundlegende Sachen beim Umgang mit Baby- und Kleinkindessen viel, viel wichtiger. Im Rahmen der #gesichtswurstwoche auf Instagram habe ich in der letzten #dienstagssprechstunde schon darüber gesprochen. Denn die meisten „Probleme“, wegen derer ich in der Beikostberatung als Hebamme angefragt werde, resultieren aus irgendwelchen Mythen, die sich hartnäckig halten – und die uns das Leben mal wieder unnötig schwer machen.

VON Kareen Dannhauer

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Ähnlich wie schon beim Thema Babyschlaf scheint zunächst die einhellige Meinung zu herrschen, wir Eltern müssten jetzt irgendetwas tun. Ein Konzept haben. Regeln einhalten, weil sonst vergurkt man sich alles von vornherein bis ins Schulalter.

Als da wären:

Ab jetzt wird alles kompliziert.

Nein. Essen ist nicht kompliziert. Sicher ist nun alles neu, und natürlich wollen wir immer gern alles richtig machen. Beim Thema Essen kann man es wirklich umdrehen: Es gibt weniges, das Du wirklich nicht tun solltest. Das kommt gleich alles. Und wenn Du diese Dinge weglässt, ergibt sich fast alles Richtige von selbst. Du brauchst also keinen Urlaub abwarten oder ein sonst wie kompliziertes Scheduling dafür aufsetzen. Fang einfach an – wenn Dein Baby bereit ist (aufmerksam beim Essen schaut, nach Essbaren grabscht, sich drehen kann, um ein paar der wichtigsten Reifezeiten kurz zu benennen) und es sich einfach irgendwann ergibt, wenn Dein Baby zwischen fünf bis sieben (vollendete) Monate alt ist.

Wir brauchen einen Plan. eine Tabelle. Irgendwas.

Nö. Die mittlerweile schon fast sprichwörtliche “Mittagsbrust”, die Du laut solcher Tabellen als erstes ersetzen solltest, ist graue Theorie, und noch nicht mal da funktioniert sie. Welche Mittagsbrust soll es denn sein? Die um 11, 12, 13 oder 14 Uhr? Starte dann, wenn es passt. Am besten dann, wenn Du auch selbst etwas isst. Denn eines der wichtigsten Kontexte in Sachen “Essen” ist das soziale, gemütliche Miteinander. Und auch das “Lernen durch Nachahmen”, welches Dein Baby permanent praktiziert. Ob das mittags, nachmittags oder abends ist: Total egal.

Beikost ersetzt die Stillmahlzeit.

Sagen wir mal so: Zumindest dauert das noch eine ganze Weile. Beikost ist nicht Muttermilchersatzkost, sondern Muttermilchergänzungskost, wie die Präposition “Bei-” ja schon vermuten lässt. Realistische Erwartungen sind da – wie so oft – hilfreich: Wenn Du zügig abstillen möchtest, gibt es sicherlich andere Lösungswege, als dann, wenn Du noch gerne stillst und nicht in den nächsten wenigen Wochen damit aufhören möchtest. Aus meiner Erfahrung auch hier: Go with the Flow. Kaum eine Mutter hat sich bereits in der Schwangerschaft vorstellen können, so lange zu stillen, wie sie es dann letztendlich tut (und im besten Fall auch genießt). Mach also keine allzu langfristigen Pläne, viele von denen wirst Du eh auch wieder über den Haufen werfen. Nichts drängelt, gar nichts.

“Richtiges Essen” und dann klappt´s auch mit dem Durchschlafen.

Unpopulär, diese “Nein” auch hier, aber ebenfalls wahr. Dass Dein Baby vermutlich genau jetzt im typischen Beikosteinstiegsalter wieder unruhiger schlafen lässt und Du bisweilen 2-stündlich (oder öfter) stillst, ist kein Zeichen für “Milch reicht nicht mehr”, sondern für eine typische Entwicklungsphase, in der sich Dein Baby immer wieder des sicheren Mama-Hafens vergewissern muss. Muttermilch ist kaloriendichter als jedes Karottenbreichen. Damit löst Du dies Thema also nicht. Sorry. Da diese Themen aber zumindest zeitlich zusammen liegen, ist das auch nochmal ein Anlass, mit Deiner Hebamme einen Termin zu verabreden und darüber zu sprechen. Auch wenn sie auch diesmal kein Patentrezept für eine easy-Lösung aus dem Hut zaubern kann.

Kinder brauchen spezielles Kinderessen.

Unpopulär, diese “Nein” auch hier, aber ebenfalls wahr. Dass Dein Baby vermutlich genau jetzt im typischen Beikosteinstiegsalter wieder unruhiger schlafen lässt und Du bisweilen 2-stündlich (oder öfter) stillst, ist kein Zeichen für “Milch reicht nicht mehr”, sondern für eine typische Entwicklungsphase, in der sich Dein Baby immer wieder des sicheren Mama-Hafens vergewissern muss. Muttermilch ist kaloriendichter als jedes Karottenbreichen. Damit löst Du dies Thema also nicht. Sorry. Da diese Themen aber zumindest zeitlich zusammen liegen, ist das auch nochmal ein Anlass, mit Deiner Hebamme einen Termin zu verabreden und darüber zu sprechen. Auch wenn sie auch diesmal kein Patentrezept für eine easy-Lösung aus dem Hut zaubern kann.

Zu diesem Thema habe ich mich anlässlich der #gesichtswurstwoche wohl hinreichend aufgeregt. Und ein bisschen das Stilmittel der “dosierten Provokation” gewählt und obiges Bild mit “Gesichtswurst für Biomuttis” untertitelt. Weil diese Trennung von “Erwachsenenessen” und “Kinderessen” per se artifiziell und kontraproduktiv ist. Und eine Spirale: Ein Kind, das einmal zuckerhaltige Tierkekse (voll bio, ist klar) gegessen hat, wird beim nächsten Schwarzbrotstückchen an dessen Stelle zurecht protestieren. Vernunft, Maß, Geduld – ist Baby´s und Kleinkind´s Sache nicht. Denn natürlich schmeckt der Keks besser als das Schwarzbrot. Denn er ist süß, und evolutionsbiologisch betrachtet ist das ganz oben auf der Atttraktivitätsskala. Schnell zugängliche Energie. Kinder mögen das, und das ist angeboren. Später aber setzt eine Konditionierung ein, und wir reagieren oft im Vorauseilenden Gehorsam: Wir kaufen Kinderjoghurt mit irgendwelchen Monstern drauf, Wurst mit Gesicht oder in Fußballform und bestellen im Restaurant “Biene Maja” (Spaghetti mit Tomatensoße) oder “Pinocchio” (Schnitzel mit Pommes). Wer das etabliert hat, mit Verlaub, zwei Jahre später: Selber Schuld.

Und, zurück zum Baby und zum Start mit dem Essen: Es gibt keinen einzigen Grund, Brei aus Gläschen zu füttern. Man startet damit nämlich gleich mit Konserven-Essen. Baby-Menü aus dem Glas ist Ravioli aus der Dose. Essen kochen mag erstmal aufwendig erscheinen, ist es, wenn Du es Down to Earth hältst, aber nicht. Und es ist vermutlich ein gelerntes Muster, das wir so gar nicht hinterfragen. Als kleinen Test empfehle ich den Eltern, die das erstmal ganz neu und ungewohnt finden, etwas anderes zu machen, als die angenommene Normalität (nämlich Gläschen), die uns die Babykostindustrie natürlich glauben machen möchte, das selbst mal zu probieren. Danach ist die Entscheidung meistens ganz leicht.

Ausnahme ist Ausnahme und Regel ist Regel.

Für einige Menschen klingt vieles jetzt möglicherweise sehr nach Dogma. Auch meine Kinder haben natürlich schon Fruchtzwerge und Kindermilchschnitte gegessen – und lieben es. Natürlich. Ist ja auch lecker. Kinder sind klug. Und können unterscheiden: Das ist die Regel – also das, was bei uns täglich auf dem Tisch steht und im Kühlschrank zu finden ist – und was ist die Ausnahme: Es gibt “Cheat-Meals”, es gibt Urlaub, es gibt Oma und Opa und es gibt Kindergeburtstage. Das reicht. Wenn nach jedem Abholen aus dem Kinderladen ab dem zweiten Geburtstag aber als erstes der Bäcker die Eisdiele angesteuert wird – darf man sich natürlich auch nicht wundern.

Man startet am besten mit Brei.

Auch dieses Konzept ist mittlerweile überholt, grundsätzlich kann man sagen, dass auch der wissenschaftliche Trend und die offiziellen Empfehlungen die “klaren Regeln” ziemlich aufgeweicht hat. Fingerfood kann eine Ergänzung oder ein “anstatt” des klassischen Babybreis sein. Die “Reine Lehre” in Sachen Fingerfood statt Brei heißt Baby Lead Weaning, Baby-geführte Entwöhnung. Das ist auch ein Extrathema, wer sich belesen möchte, dem sei das Buch Einmal breifrei bitte meiner Kollegin Eva Nagy ans Herz gelegt.

Wenn Babys kein Gemüse-Essen lernen, tun sie es nie.

Ja und nein. Es ist in jedem Fall ratsam, dem Baby und später dem Kleinkind alles das vorzusetzen, was es bei Euch eben so zu essen gibt. Trau Dich, be fancy. Algensalat oder Rheinischer Sauerbraten – und lass Dich überraschen. Dein Baby darf das alles (ja, auch schon mit acht Monaten), und Du wirst staunen, was es alles probiert und lecker findet, gerade im ersten Lebensjahr sind Babys noch ziemlich neugierig. Untersuchungen sagen, dass die meisten Kinder unvertrautes Essen annehmen, wenn sie es etwa 10 Mal probiert haben und wenn die Eltern es selbst regelmäßig essen, also mit ihrem elterlichen Vorkosterdasein zuverlässig signalisieren, dass das auch wirklich lecker ist. Das kann man auch gerne übertrieben begeistert immer wieder SAGEN. “Hm, lecker, Brokkoli!” So etwa in der Art.

Der Satz “Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt”  stimmt in der Weise, als dass Babys eben so aufwachsen, wie ihre Eltern es gestalten. Schon Deine Vorlieben in der Schwangerschaft lassen das Fruchtwasser unterschiedlich schmecken (jeder, der schon mal einen Blasensprung nach einer Spargelmahlzeit gerochen hat, weiß das, ich gehöre zu diesem ausgewählten Personenkreis), und bei der Muttermilch ist es genau so.

Das klingt erstmal ganz einfach, so als könne man Essen später im Kindergartenalter als Eltern mit dem richtigen Einfädeln beliebig steuern. Mit den obigen Maßnahmen oder schlicht Verhalten kannst Du schon ganz viel tun. Aber – wie so oft – haben Babys doch ein ordentliches Wort mitzureden. Und es gibt Babys, deren Geschmacksknospen so sensibel sind, dass sie feinste Bitterstoffe herausschmecken, etwa 20 % aller Kleinkinder gelten als so genannte Supertaster. Und bei denen kann man sich im Zweifel auf den Kopf stellen, die mögen einfach kein Gemüse, weil sie es wirklich nicht runterkriegen. Zu diesen Kindern, die oftmals tatsächlich phasenweise nur Nudeln ohne Alles essen hat der grandiose Kinderarzt, Wissenschaftler, Buchautor und Vater Herbert Renz-Polster hier einen wunderbaren Vortrag gehalten, den ich Euch gern nochmal verlinke. Unbedingt angucken, denn wichtig ist hier mal wieder die Kernaussage: Keep cool, auch diese Kinder wachsen und gedeihen – auch ohne Brokkoli.

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Sicherer Babyschlaf

Wenn es ein Gruselthema für junge Eltern gibt, dann ist es vermutlich das: der plötzliche Kindstod, nach der englischen Bezeichnung Sudden Infant Death Syndrome auch SIDS genannt. Die betroffenen Kinder versterben „plötzlich“, es ist also nicht die Folge einer akuten oder chronischen, bekannten oder unbekannten Erkrankung. Damit ist SIDS definitionsgemäß eine Ausschlussdiagnose, die dann gestellt wird, wenn nach einer Autopsie kein anderer Grund für den Tod zu finden ist. Dass, je genauer man obduziert, die SIDS-Quote weiter in extrem niedrige Bereiche sinkt, dazu folgen unten noch ein paar neue und überraschende Erkenntnisse.

VON Kareen Dannhauer

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Risikofaktoren für SIDS

Diese Faktoren erhöhen das statistische Risiko in der vermutlichen Reihenfolge ihrer Bedeutung:

  • Passivrauchen oder Rauchen in der Schwangerschaft und in der Umgebung des Babys. Raucht die Mutter in der Schwangerschaft, ist das SIDS-Risko um das Sechsfache (bei etwa zehn Zigaretten) erhöht.
  • Schlafen in Bauchlage. Der angenommene Grund ist eine Minderversorgung der Hirngefäße bei dem in Bauchlage gedrehten Babyköpfchen. Außerdem schlafen Babys in Bauchlage besser und damit tiefer, so dass das unreife Atemzentrum das Atmen im Tiefschlaf möglicherweise „vergisst“. Auch die CO2-Rückatmungsgefahr ist höher, sowie möglicherweise auch der Dive-Reflex, der zum Luftanhalten führt, sobald Mund und Nase nicht an der Luft sind. Die Bauchlage erhöht das Risiko für SIDS gegenüber der Rückenlage um das Zwei- bis Sechsfache.
  • Nicht-Stillen. Ausschließliches Stillen in den ersten Lebensmonaten reduziert die SIDS-Häufigkeit um die Hälfte. Teilstillen hat in Bezug auf SIDS vermutlich leider keinen schützenden Effekt.
  • Überwärmung im Schlaf, so dass das Baby im Schlaf schwitzt.
  • Mangelnde Luftzirkulation im Bettchen durch zu viel „Kram“ wie Kuscheltiere oder diverse Kissen oder auch Stillkissen als Nestchen.
  • Alkoholkonsum und Drogenkonsum der Mutter. Schon „ein Gläschen“ verändert die Schlafphysiologie und vermindert die Schutzfunktion durch das leichtere Aufwachen bei stillenden Frauen.
  • Ein bereits an SIDS verstorbenes Geschwisterkind, Frühgeburten und Mehrlingskinder.
  • Sehr junge Mütter (unter 20 Jahren).
  • Schwierige psychosoziale Verhältnisse wie relative Armut und alleinerziehende Mütter

Präventionsmaßnahmen gegen SIDS

Diese Faktoren vermindern das statistische Risiko – und du kannst sie beeinflussen:

  • Lege dein Baby zum Schlafen auf den Rü Vor allem Kinder, die „ausnahmsweise“ oder zum allerersten Mal auf dem Bauch zum Schlafen gelegt werden, sind offenbar besonders gefährdet.[ii] Deshalb ist es vor allem wichtig, Babys in Wachphasen auch regelmäßig auf den Bauch zu legen, damit sie auch diese Position integrieren und ihre Reflexe und Muskeln auch in Bauchlage kennen lernen und trainieren.
  • Achte auf eine konsequent rauchfreie Umgebung für dein Baby.
  • Stille die empfohlenen fünf bis sechs Monate voll, wenn es dir möglich ist.
  • Eine Schlafzimmertemperatur von 16-18 Grad ist optimal. Achte auf atmungsaktive Naturmaterialien in der Kleidung und im Bett (das gilt auch für die Wattierung der Schlafsäcke) und auf eine feste, luftdurchlässige Matratze mit einem Spannbettlaken. Setze deinem Baby jenseits der ersten beiden Lebenswochen kein Mützchen im Schlaf auf.
  • Drapiere nicht 100 Kissen und Kuscheltiere um dein Baby. Ein „Nestchen“, welches einfach nur das Holz des Bettchens abpolstert und nicht aus dickem Kissen besteht, dürfte ebenso wenig ausmachen, wie das eine Lieblingskuscheltierchen.
  • Lasse dein Baby mindestens bis zum ersten Geburtstag in eurem Zimmer schlafen. Zum Thema Co-Sleeping, dem gemeinsamen Schlafen im Elternbett, folgt gleich unten noch ein Extra-Kapitel.
  • Achte besonders auf diese Faktoren, wenn dein Baby krank ist. Obduktionsberichte in neueren Arbeiten zeigen, dass viele Babys im Todeszeitraum einen akuten Virusinfekt aufwiesen[iii]. Auch ist bei Fieber die Überwärmungsgefahr größer als sonst.

Das sind alles die relativ einfachen und auch international unumstrittenen Faktoren. Wenn du sie beherzigst, hast du sehr viel dafür getan, dass dein Baby sicher schläft und damit das Risiko wirklich gegen null sinkt (diesen Satz bitte noch mal lesen!).

Schaut man genauer, wird es, wie so oft, noch etwas differenzierter. Zum einen: Je genauer man gestorbene Kinder untersucht, umso eher findet man auch Befunde. In den letzten Jahren sind die Methoden der Rechtsmedizin, wie man aus jedem Krimi weiß, viel besser geworden, und es werden außerdem sehr viel mehr Kinder nach einem vermuteten SIDS überhaupt untersucht. In vielen Bundesländern geschieht dies mittlerweile grundsätzlich über staatsanwaltliche Ermittlungen, in den 90er Jahren wurde nur etwa jedes zweite Baby obduziert. Und so findet man eben auch häufiger unbekannte Herzfehler, schwere Infektionen und tragischerweise auch gar nicht so selten Tötungsdelikte (in etwa 5 % der Fälle).

Dann gibt es auch so manche statistische Spielerei. In den Niederlanden werden Kinder klassischerweise über dem Schlafsack mit einer Decke zugedeckt, wovon in Deutschland ausdrücklich abgeraten wird. Die Niederlande haben gleichzeitig unter den Industrienationen die niedrigste SIDS-Quote, dreimal niedriger als Deutschland. Obwohl in Deutschland die Quote der bauchschlafenden Kinder in den letzten drei Jahren wieder auf gut 10 % (um gut ein Drittel) angestiegen ist, sinkt die SIDS-Quote weiter. Obwohl in Deutschland die Aufklärungskampagne über die Faktoren des sicheren Babyschlafes erst frühestens Mitte der 90er Jahre wirklich griffen, gab es den größten Rückgang der SIDS-Quote von 1285 Fällen im Jahr 1991 auf 751 im Jahr 1995 (bei annährend gleicher Geburtenzahl).

Ohne die Wichtigkeit der vorgenannten Faktoren auch nur ansatzweise schmälern zu wollen, ist es wichtig, sich klar zu machen, dass es nie um einen einzelnen Faktor geht, und dass im Einzelfall SIDS tatsächlich ein unfassbar tragisches und schicksalhaftes Ereignis ist.

Es gibt Babys, die schlafen nur in Bauchlage, die sind ein Frühgeborenes oder können trotz aller Bemühungen nicht voll gestillt werden. Achte dann umso mehr auf die anderen Dinge, eine Sicherheit wirst du nie im Leben für irgendetwas bekommen[iv]. Und du wirst in den nächsten Jahren immer wieder in Situationen landen, die gefährlich sein können: Dein Baby hat einen Moment lang unbeaufsichtigt mit deinem Portemonnaie gespielt und eine Münze verschluckt, es ist in der Badewanne ausgerutscht und kurz untergegluckert, du hast den Fahrradhelm im Kindergarten vergessen und dein Kind fährt ohne nach Hause. Das Leben ist voller kurzer Momente, in denen sich das Schicksal von einer Sekunde auf die andere wenden und das weitere Leben einen ganz anderen Lauf nehmen kann. Sei dir dessen bewusst – aber denke nicht allzuviel darüber nach.

SIDS und Co-Sleeping

Auch im Zusammenhang mit Co-Sleeping wurde die SIDS-Gefahr immer wieder untersucht. Wenn man sich die Arbeiten genau ansieht, wird man finden, dass Co-Sleeping allein keinen Risikofaktor darstellt, wenn die bekannten Riskofaktoren ausgeschlossen sind.[v]

Viele Studien, die das dennoch behaupten, benutzen Erhebungen aus den 80er oder 90er Jahren, in denen man noch nichts über wichtige Risikofaktoren des SIDS wusste und darüber, was beim sicheren Co-Sleeping zu beachten ist. In einer Studie in Alaska aus dem Jahr 2009[vi] zeigte sich, dass 99 % der betroffenen co-sleependen Kinder mindestens einen der SIDS-Risikofaktoren aufwiesen, wie Alkoholkonsum am Abend des Kindstodes, Rauchen, Bauchlage oder das Co-Sleeping mit einem Nicht-Elternteil.

Beim Co-Sleeping solltest du aber auf Faktoren achten, die nur beim Co-Sleeping in dieser Weise relevant sind. Achtet vor allem auf die Gefahr des Überdeckens durch euer Bettzeug. Streng genommen wäre ein überdecktes Baby kein SIDS, sondern ein Erstickungsfall, aber da es sowohl bei einer Obduktion (beide Todesarten sind auch hier tatsächlich so gut wie nicht voneinander zu unterscheiden) als auch bei der Tragik des Geschehens aufs Gleiche hinausläuft, würde ich das für die Praxis als letztlich zweitrangig einstufen. Es gibt zwar unterschiedliche Statistiken zu den beiden Diagnosen, sie dürften im Einzelfall aber sehr schwierig zu unterscheiden sein.[vii]

Euer Baby kann also in eurem Bett selbstverständlich sicher schlafen, wenn man bestimmte Grundregeln beachtet, genau so, wie sonst auch,[viii] weiter unten findest du alle wichtigen Tipps  für sicheres Co-Sleeping.

Co-Sleeping hat vermutlich auch protektive Auswirkungen auf das SIDS durch die positiven Auswirkungen auf die Schlafbiologie. Die evolutionsbiologischen Ansätze oben sind dafür die Grundlage, die Natur lässt Babys am Körper ihrer Mutter erst einmal gut (weil sicher) schlafen. Im Körperkontakt erfährt das Baby darüber hinaus im Unterbewusstsein wahrgenommene Stimuli („sensorische Regulationsstimuli“) wie Atemgeräusche und –Rhythmen der Eltern, Kontakt, Bewegung und Wärme und es entwickelt (im EEG nachweisbar) andere Schlafmuster. Co-Sleeping-Babys schlafen anders. Diese Außenstimuli fördern die leichtere Erweckbarkeit der Kinder, durch nächtliches Stillen im Co-Sleeping-Kontext wachen Babys häufiger und leichter auf. Was sich erst mal nach einem Gegenargument für ungestörte elterliche Nachtruhe anhört, ist in Wirklichkeit ein wichtiger Schutzmechanismus für die Babys. (Nebenbei bemerkt: Statistisch schlafen co-sleepende Mütter insgesamt mehr, nicht weniger. Sie wachen häufiger auf, schlafen aber auch – genau wie ihre Babys – schneller wieder ein. Genau so, wie wir auch ohne Baby über 20 mal pro Nacht aufwachen, und gleich wieder einschlummern, ohne uns insgesamt in unserer Schlafqualität beeinträchtigt zu fühlen.)

Bei allein schlafenden Babys stabilisiert sich zwischen dem dritten und sechsten Lebensmonat das Schlafmuster. Ausgerechnet in diesem Zeitfenster ereignen sich die meisten SIDS-Fälle, möglicherweise sind das genau die Riskofaktoren beim Alleinschlafen.

Auch eine co-sleepende Mutter schläft anders, wenn das Baby neben ihr liegt. Auch ihre Tiefschlafphasen sind verändert und synchronisieren sich gewissermaßen mit denen des Babys, so kann sie auch im Schlaf ihr Baby beschützen. Die Sorge vor dem „Überrollen“ von schweren Elternkörpern aufs wehrlose Baby ist unbegründet, zumindest, wenn das Baby auf der Seite der oxytocingetränkten Mutter liegt. Professor Saternus, ehemaliger langjähriger Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats der „Gesellschaft zur Erforschung des Plötzlichen Säuglingstods, formuliert es so: „Eine Mutter überrollt ihr Kind nicht. Es sei denn, sie hat zum Beispiel Alkohol getrunken, ein Schlafmittel eingenommen oder Betäubungsmittel konsumiert. Dann ist die Mutter-Kind-Kommunikation gestört.“[ix]

Zahlen zeigen, dass erstens co-sleepende Frauen länger stillen. Stillen ist ein immens protektiver Faktor für SIDS. In der German Study of Sudden Infant Death (GeSID) von 2009 fand man, dass ausschließliches Stillen im Alter von einem Monat die SIDS-Quote halbiert.[x] Wenn nun aber eine Mutter aus Angst vor dem Familienbett zu jedem Stillen aufsteht und sich in einen Sessel setzt und dort einschläft, ist das Risiko in so einer wurschteligen Schlafsituation massiv erhöht.

Ein weiterer Faktor ist auch interessant: Unter den im Elternbett verstorbenen Kindern waren auffallend viele Kinder, die nur „ausnahmsweise“ bei ihren Eltern schliefen, etwa weil sie krank waren (Infekte scheinen sowieso ein eigener Risikofaktor zu sein[xi]) oder auch in Besuchssituationen, vor allem mit ungeeigneten Bettlagern (auf Gäste-Sofas oder Ähnlichem). Auch bei der Bauchlage ist das „Ausnahmsweise“ ein bekanntes Phänomen. Auffällig häufig berichteten Eltern weiterhin, es sei die erste Nacht gewesen, in der das Baby nicht im Zimmer der Eltern geschlafen habe[xii]. Diese „Ausnahmsweise-Situationen“ scheinen tatsächlich eine wichtige Bedeutung zu haben. Sogar die Häufung der Wochenenden, die einige Untersuchungen identifiziert haben, scheint davon zu zeugen.

Sicheres Co-Sleeping

Co-Sleeping findet in den meisten Familien statt, ob es jetzt Teil eines gewünschten Konzeptes ist (etwa im Sinne von Attachement Parenting) oder im Zuge der zunächst nicht geplanten Kapitulation vor den realistischen Gegebenheiten des Babyschlafes, weil Mama und Baby eben während des Stillens miteinander einschlafen, oder auch, weil man schlicht feststellt, dass das Baby wundersamerweise keine fünfzehn Minuten am Stück schläft, wenn es weiter als zwanzig Zentimeter von einem Elternteil entfernt liegt. Wenn man es also als Realität in den Schlafzimmern betrachtet, ist es sicher eine gute Idee, genau zu wissen, wie das gut und sicher für den Babyschlaf geht, damit möglichst wenige potentiell gefährliche „Zufallssituationen“ entstehen.

Diese Dinge ermöglichen sicheres Co-Sleeping

  • Ihr habt ein ausreichend großes Bett (zu dritt mindestens 1,60 m breit, besser größer) mit einer festen Matratze. Wasserbetten und weiche Schlafsofas sind nicht geeignet.
  • Das Baby schläft am sichersten auf der Seite der Mutter (nicht zwischen euch) und so, dass es nicht herausfallen kann (Bett an der Wand oder angebautes Beistellbettchen oder Rausfallsperre aus dem Seniorenbedarf). Alle Ritzen und Übergänge müssen sicher sein, damit das Baby nicht hineinrutschen kann.
  • Das Baby liegt ohne Kopfkissen in seinem Schlafsack auf der Bettdecke der Mutter, nicht darunter. Du kannst es auch auf ein größeres Spucktuch legen und es nach dem Stillen darauf ein Stückchen nach oben Richtung Kopfende (oder ins Beistellbettchen) ziehen, wenn du dich damit wohler fü Umbetten funktioniert meistens nicht ohne Wachwerden: Never move a sleeping baby!
  • Es liegen keine bauschigen Kissen oder andere Gegenstände in der Nähe des Babys.
  • Sichere Schlafpartner sind die Eltern des Kindes. Geschwisterkinder sollten nicht neben dem Baby schlafen, auch Babysitter oder Großeltern gelten nicht als sichere Schlafpartner für einen Sä
  • Das Baby schläft auch besser nicht neben einem rauchenden Elternteil.
  • Wenn ihr Alkohol getrunken (ein Glas reicht!), Drogen konsumiert oder Schlafmittel genommen habt, darf das Baby nicht in eurem Bett schlafen.

Quellen

[i] M.M. Vennemann, T. Bajanowski, B. Brinkmann, G. Jorch, K. Yücesan, C. Sauerland, E.A. Mitchell, Does Breastfeeding Reduce the Risk of Sudden Infant Death Syndrome? Pediatrics, March 2009, VOLUME 123 / ISSUE 3

[ii] Cote, A, Gerez T, Brouilette RT, Laplant S, Circumstances Leading to a Change to Prone Sleeping in Sudden Infant Death Syndrome Victims, Pediatrics 106(6).E86 (2000)

[iii] Bettina Michaela Zinka, Der Plötzliche Säuglingstod. Untersuchungen eigener Fälle am Institut für Rechtsmedizin der Ludwig- Maximilians-Universität zu München aus den Jahren 1999 bis 2001, Dissertation zum Erwerb des Doktorgrades der Medizin an der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität zu München, März 2004

[iv] Mut machende Entwicklung und dumpfe Ahnung. Bettina Salis im Gespräch mit Dr. Jan Sperhake, Rechtsmediziner am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und seit acht Jahren Mitglied des Hamburger Bündnisses gegen den Plötzlichen Säuglingstod. Hebammenforum 2/2005, S.89-94

[v] Peter S. Blair, Peter Sidebotham, Anna Pease, Peter J. Fleming, Bed-Sharing in the Absence of Hazardous Circumstances: Is There a Risk of Sudden Infant Death Syndrome? An Analysis from Two Case-Control Studies Conducted in the UK. PLOS ONE, September 2014, Volume 9, Issue 9

[vi] Blabey MHGessner BD., Infant bed-sharing practices and associated risk factors among births and infant deaths in Alaska, Public Health Rep. 2009 Jul-Aug;124(4):527-34.

[vii] Jan Sperhake, Oberarzt am Institut für Rechtsmedizin, Helfen und Ermitteln beim Plötzlichen Säuglingstod – ein Widerspruch?, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, DHZ 01/2009

[viii] Blabey MH, Gessner BD., Infant bed-sharing practices and associated risk factors among births and infant deaths in Alaska. Public Health Rep. 2009 Jul-Aug;124(4):527-34.

[x] Vennemann MM, Bajanowski T, Brinkmann B, Jorch G, Sauerland C, Mitchell EA; GeSID Study Group, Sleep environment risk factors for sudden infant death syndrome: the German Sudden Infant Death Syndrome Study, PMID: 19336376 DOI: 10.1542/peds.2008-0505

[xi] Bettina Michaela Zinka, Der Plötzliche Säuglingstod. Untersuchungen eigener Fälle am Institut für Rechtsmedizin der Ludwig- Maximilians-Universität zu München aus den Jahren 1999 bis 2001, Dissertation zum Erwerb des Doktorgrades der Medizin an der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität zu München, März 2004

[xii] Interview mit Prof. Dr. Dr. Klaus-Steffen Saternus, Der Plötzliche Kindstod ist kein Erstickungstod, DHZ 03/2014

Magazin . Baby

Dreimonatskoliken – ein Mythos?

Manche Babys weinen häufiger, als es dessen Eltern vorher erwartet haben. Sie weinen, ohne dass ein offensichtlicher Grund dafür sichtbar ist. Oft ist dann die nahe liegende Idee: Das Baby hat bestimmt Bauchweh! Denn irgendetwas muss es ja sein. Und Bauchweh erscheint den ratlosen Erwachsenen zumindest halbwegs plausibel – und man hat eine „richtige Diagnose“. Diagnosen helfen uns manchmal, denn sie benennen zumindest das Problem und nehmen es ernst.

VON Kareen Dannhauer

into-life-into-life-

Nur ist es leider eben auch so, dass Tropfen oder Tees, Zäpfchen oder Öle, die zu diesem Zweck verkauft werden, nicht so wirken, wie man es sich gewünscht hätte: meistens nur sehr wenig oder gar nicht oder nur zufällig. Und, dies ist der nächste Gedanke des gesunden Menschenverstandes, sie würden wirken, wenn das Weinen des Babys ganz stofflich-organisch und tatsächlich Blähungen oder Koliken als Ursache hätte.

Nach neueren Erkenntnissen geht man mittlerweile davon aus, dass es sich bei den typischen „Dreimonatskoliken“ um einen Mythos handelt. Oder dass zumindest „der Bauch an sich“ gar nicht unbedingt das Problem darstellt, sondern dass es sich um eine generelle physiologische organische Unreifesymptomatik handelt.

Ein Baby kommt, verglichen mit anderen Säugetieren, sehr unfertig auf die Welt. Im Gegensatz zu einem Zebrafohlen oder einem Kälbchen kann ein Baby viele Monate lang eigentlich noch gar nichts allein. Deshalb nennt man das erste Lebensvierteljahr eines Babys auch häufig „das vierte Schwangerschaftsdrittel“.

Babys müssen unmittelbar nach der Geburt sehr plötzlich ihre gemütliche und vertraute Umgebung aufgeben. Sie müssen selbst für ihre Nahrung sorgen, zuvor lief die Versorgung automatisch über die Nabelschnur. Sie müssen nun Milch trinken und diese dann im frisch eingeweihten Magen-Darm-Trakt erstmals verdauen. Das ist eine enorme Herausforderung für dein Baby!

Vermutlich mischen sich in die typische abendliche Unpässlichkeit und Unruhe auch ganz unterschiedliche Phänomene, ich würde sogar vermuten, dein Baby weiß manchmal selbst nicht genau, was genau los ist.

Wenn der Bauch weh tut, ist es nicht immer der Bauch, das ist noch bei Kleinkindern so. Das enterische Nervengeflecht, unser zweites Gehirn im Darm, ist hochkomplex und hängt vielfach auch mit der Neurophysiologie des „echten“ Gehirns zusammen. Und auch da ist nun nach der Geburt eine Menge los!

Babys kommen eben auch mit einem (natürlich noch) unreifen Nervensystem auf die Welt. War es in der Gebärmutter noch sehr gleichförmig, warm, nah bei Mama und bezogen auf alle Sinne recht homogen, so muss dein Baby nun auch unglaublich viele Reize verarbeiten.

Alle Sinneswahrnehmungen haben sich für dein Baby mit der Geburt vollkommen verändert. Die Geräusche sind anders, es gibt keinen „mütterlichen Klangteppich“ mehr. Es ist hell und verdammt bunt auf dieser Welt. Dein Baby liegt in seinem Bettchen und spürt dort nur die Unterlage, drumherum ist freier, „leerer Raum“. Es muss sich mit all dem vollkommen neu orientieren. All diese Reize verursachen quasi ein wildes Neuronengewitter im Gehirn deines Babys. Das Gehirn hat wirklich Siebenmeilenstiefel an in der Entwicklung der ersten Lebensmonate.

Es scheint, dass Babys, die viel weinen, damit zu Beginn ihres Lebens überfordert sind. Auch die Fähigkeit, sich selbst zu beruhigen und einfach einzuschlafen, wenn die Müdigkeit kommt, ist noch nicht vorhanden. Babys, die viel weinen, scheinen es grundsätzlich mit dem Schlaf-Wach-Rhythmus und der Selbstregulation schwerer zu haben. Oft wachen sie schnell wieder auf, schlafen nur kurz und oberflächlich und erreichen selten den entspannenden Tiefschlaf. Das Einschlafen und Sich-selbst-Beruhigen muss das Baby erst lernen, es braucht am Anfang dazu das Verständnis um diese Dinge, die Hilfe und Unterstützung der Eltern. Ohne diese ist es noch verloren.[i]

Am ehesten gelingt das, indem du dich in die Welt deines noch ungeborenen Babys hineinversetzt und auf verschiedenen Ebenen gebärmutterähnliche Verhältnisse schaffst. Diese Welt ist ihm vertraut und macht es ihm leichter, etwas allmählicher in dieser ganz neuen Welt anzukommen.

Das hilft dir und deinem Baby

  • Herumtragen, also intensiver, naher Körperkontakt ist oft das Einzige, was hilft. Ein Tragetuch kann da entlastend sein, weil du beide Hände frei hast, um etwas zu essen, ein paar Tassen in den Geschirrspüler zu stellen oder einfach ein bisschen „herumzupuzzeln“.
  • Auch das so genannte „Pucken“, also das feste Einwickeln des Babys gibt Halt und Begrenzung und tut vielen Babys gut. Deine Hebamme kann dir zeigen, wie das geht.
  • Sehr bald hast du auch ein Gespür dafür, welche Tageszeiten besser oder schwieriger sind. Richte deinen Tagesablauf danach – dein Baby wird nicht auf deine Essens- und Schlafbedürfnisse Rücksicht nehmen kö Wenn es mal schläft: Erst essen, dann duschen. In dieser Reihenfolge. An ganz guten Tagen geht vielleicht sogar beides. Wenn du „schnell Mails checken oder staubsaugen“ davor gepackt hast, rächt sich das!
  • Sorge für eine reizarme Umgebung. Verschiebe Ausflüge zur nächsten H&M-Filiale und zu IKEA auf spä Lade sparsam Besuch ein und nur Menschen, die du wirklich gerne um dich hast.
  • Triff dich mit Freundinnen oder anderen Müttern zum Spazierengehen. Das geht am ehesten zu verabredeten Zeiten. Zu Hause oder im Café ist fast immer viel schwieriger. Coffee-to-go ist, da bin ich mir vollkommen sicher, erfunden worden für frische Mütter!
  • Sorge für Deine eigene Entlastung, damit diese auch für dich so anstrengende Phase etwas leichter wird. Es ist wichtig, dass du deine Akkus auflä Wenn du für deine Entspannung sorgst, sorgst du auch für die Entspannung deines Kindes. Also: Organisiere eine Putzfee, kaufe online ein, nimm die Angebote der Omas an (wenn das für dich eine wirkliche Entlastung ist). Eine halbe Stunde Kaffee trinken im Lieblingscafé, während die Studentin von gegenüber mit dem Kinderwagen um den Block schiebt, kann Gold wert sein!

High-Need-Babys

Es gibt Babys, bei denen geht die Bedürftigkeit und auch das Weinen über das hinaus, was „normal“ ist. Babys, die mindestens an drei Tagen der Woche mehr als drei Stunden untröstlich weinen, nennt man ein wenig despektierlich Schreibabys. In diesen Situationen findest du Hilfe in so genannten „Schreiambulanzen“, die es mittlerweile zumindest in mittleren und größeren Städten gibt. Wenn es wirklich schlimm ist, kann das eine ganz wertvolle Anlaufstelle sein, um deinen Kontakt zu deinem Kind zu stärken und die Mama-Baby-Kommunikation verständnisvoller zu gestalten.

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